Ausmisten und Abreißen

Vor einiger Zeit habe ich HIER schon einmal über Brücken und Baustellen gesprochen, die ich bei mir in Kommunikation und meinen persönlichen Beziehungen wahrnehme. Ich bin froh darüber, dass das so passiert und ich so viel über mich lernen durfte. Trotzdem merke ich, dass nicht alles, was einmal etabliert schien, unbedingt von Dauer sein muss.

 

Direkt um die Ecke meiner Wohnung wurde eine neue Brücke gebaut, da die alte seit Jahren baufällig war. Diese Baustelle konnte ich von Anfang bis zum Ende mitverfolgen und immer wieder hat sie mich zu Fotos für Blogartikel inspiriert, die ich dann aber nie geschrieben habe. Das ändert sich heute und es werden vermutlich noch einige folgen.

 

Ich gehe jetzt in der Chronologie rückwärts und fange mit meinem letzten Eindruck an, denn die alte Brücke wurde vor kurzem abgerissen. Eigentlich war ich lange sicher, dass sie stehenbleiben und z.B. für Fahrräder umgewidmet werden würde, sodass sie noch einem Zweck dienen kann.

Brückenbau und Abriss
Brücken abreißen

Genau kann ich nicht sagen, woran es liegt, aber ich war schon als Kind der Meinung, dass vieles nicht entsorgt werden müsse, sondern man eigentlich fast alles „irgendwann noch mal brauchen“ könne. Daher tat ich mich früher sehr schwer damit, etwas wegzuwerfen oder auszusortieren. Das betraf Gegenstände wie auch Beziehungen zu Menschen, die mir lange schon nicht mehr guttaten. Ich hatte Kisten mit allem möglichen „Krimskrams und Gedöns“, bis ich irgendwann lernte, mich auch wieder zu trennen, statt krampfhaft an allem festzuhalten.

 

Ich erinnere mich bis heute an einige „Bastelutensilien“, einen Haufen Kleidungsstücke aber auch Menschen, die ich sehr viel länger bei mir behielt als gut für mich war. Ein Teil von mir ist sicher, dass es daran lag, dass ich selbst auch sicher sein und nicht „aussortiert“ werden wollte, was mir früher häufig passierte und mit viel Schmerz verbunden war. Und dass ich deshalb so sehr daran festhielt, dass alles und jeder einen Wert hat, der nicht zur Debatte steht.

 

Ehrlich gesagt, denke ich das auch heute noch. Aber ich habe auch gelernt, dass nicht zwingend ICH es sein muss, die diese Dinge oder Menschen um sich versammelt. Und dass nicht alles in meiner Verantwortung liegt. Das war eine wichtige und notwendige Lektion und trotzdem fällt es mir manchmal noch schwer, zu entscheiden, wann etwas noch gebraucht wird… noch gut ist… noch reparierbar ist… mit alternativem Verwendungszweck weiterhin wichtig sein kann… oder wann etwas wirklich beendet oder so beschädigt ist, dass es vielleicht doch abgerissen werden muss, um Platz für etwas Neues zu machen.

Brücken abreißen

Eine Freundin sagte mir mal, dass manche Geschichten einfach richtig gute und spannende Kurzgeschichten sind. Aber, dass die Geschichte dann auch fertig erzählt ist und keine krampfhafte Fortsetzung mehr braucht, die dann niemand mehr sehen will. Die Filmgeschichte ist voll von Trilogien, die vielleicht doch besser nur eine starke Story mit offenem Ende geblieben wäre. Ich bin nur wirklich schlecht darin, Cliffhanger auszuhalten! Daher lasse ich manches wohl auch länger laufen, als es für alle gut ist.

 

Die Brückenarbeiten nebenan erinnern mich gerade daran… Jetzt, wo die alte Brücke weg ist und die Reste davon bald schon nicht mehr zu sehen sein werden. Und irgendwann erinnert sich auch niemand mehr daran, dass sie mal da war. Und dennoch war sie ein wichtiger Teil meiner Nachbarschaft, der nicht zu leugnen ist und etwas verbunden hat. Aber jetzt trägt sie eben nicht mehr aktiv dazu bei, dass ich mich bewegen kann und ist Geschichte… In diesem Fall eine gute, weil rechtzeitig etwas Neues aufgebaut wurde, um einen Zusammenbruch und größere Schäden zu vermeiden.

 

Und im besten Fall gelingt uns das in unserem Leben auch auf diese Weise… Mit Lebensentscheidungen, beruflichen Wegen, Wegbegleiter:innen und uns selbst. Teile neu aufzubauen und Teile loszulassen oder umzuwidmen, die uns (in der bisherigen Form) nicht mehr unterstützen. So, dass es für alle ein Happy End geben kann, ohne dass die Brücken einstürzen, die uns Halt geben sollen.

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